Römisches Blei soll Neutrinomassendetektor abschirmen!
Felix Bohne | Apr 16, 2010 | Kommentare 0

Telluroxiddetektor (Bild: National Institute of Nuclear Physics (INFN)
Im Jahr 1988 entdeckte ein Taucher ein römisches Wrack vor der Küste Sardiniens, das im Jahr 80-50 v.Chr. ca. 1000 Barren Blei zu je 33 kg geladen hatte. Für die Archäologie ein wirklich wunderbarer Fund und ein grossartiges Forschungsobjekt. Doch nun wurde 120 dieser Bleibarren eine neue Aufgabe zugeteilt. Sie sollen für die Abschirmung des teilchenphysikalischen Detektors CUORE (Cryogenic Underground Observatory for Rare Events) des Italienischen Nationalinstituts für Nuklearphysik (INFN) in Gran Sasso verwendet werden. Das hört sich ersteinmal wie Vergeudung an, doch der Clou dieses ganz speziellen Bleis ist, dass es in den letzten 200o Jahren fast seine gesamte natürliche Radioaktivität durch Zefallsprozesse abgestrahlt hat und sich deshalb besser als alles andere für diesen Zweck eignet.
Das CUORE Experiment, das seine Arbeit im Frühjahr 2011 aufnehemen soll, erforscht die Neutrinos. Diese sind Elementarteilchen, gehören zu den Leptonen und besitzen keine elektrische Ladung . Ausserdem glaubte man lange, dass diese Teilchen auch keine Masse besitzen, doch neuere Ergebnisse zeigten, dass deis nicht der Fall ist. Doch diese Masse genau zu bestimmen war bislang unmöglich und konnte nur indirekt abgeschätzt werden (1), und genau hier kommt CUORE ins Spiel.
In diesem Detektor soll ein theoretischer und bisher nicht beobachteter atomarer Vorgang, der sogenannte Neutrinofreie Doppelte Betazerfall beobachtet werden, Dabei handelt es sich um einen radioaktiven Prozess, bei dem ein Atomkern zwei Elektronen und keine Neutrinos entlässt. Der ‘Standard’ Doppelte Betazerfall wird dagegen von der Freisetzung zweier Neutrinos begleitet. Sollte diese Beobachtung gelingen, könnten die Forscher die Masse der Neutrinos sehr viel enger eingrenzen.
Diese Beobachtungen sollen ineinem 750-Kilogram Würfel aus Tellurdioxid stattfinden, der sich 1400 Meter unter felsigem Untergrund in der Anlage der Gran Sasso Labore befindet.
Doch dafür muss externe Radioaktivität optimal abgeschirmt werden, und eben dafür soll das antike Blei verwendet werden. Eigentlich wäre das Blei, hätte es seinen Bestimmungsort erreicht zur Herstellung von Wasserleitungen, Münzen oder Wurfgeschossen verwendet worden, doch nun kommt es der Wissenschaft zu Gute und eröffnet möglicherweise einen bisher ungekannten Blick in die Welt der Neutrinos.
(1) Cirelli, M., & Strumia, A. (2006). Cosmology of neutrinos and extra-light particles after WMAP3 Journal of Cosmology and Astroparticle Physics, 2006 (12), 13-13 DOI: 10.1088/1475-7516/2006/12/013
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