Professor in der Wüste Saudi Arabiens

ulistingl 285x300 Professor in der Wüste Saudi ArabiensUli Stingl ist nicht nur ein guter Freund, er ist auch begabter Pädagoge und Forscher. Gemeinsam drückten wir die Studentenbank. Es ist mir eine Freude einen meiner besten Freunde hier bei A Scientist a day vorstellen zu können.

Uli Stingl ist Biologe mit Schwerpunkt Mikrobiologie. Nach dem Studium folgte die Doktorarbeit, welche mit der Altana Pharmaauszeichnung für die beste Arbeit im Fach Biologie an der Universität Konstanz 2005 ausgezeichnet wurde. Sein Forscherweg führte über das Max-Planck-Institut in Marburg zur Oregon State University. Nach ein paar Jahren in La Jolla bei Synthetic Genomics Inc. ist er nun als Assistant Professor an der KAUST tätig.

Der Weg zum Mikrobiologen

Wissenschaft hatte Uli Stingl schon immer interessiert. Fürs Abi hatte er Mathe und Bio als Leistungskurse und dann Biologie studiert. Nach dem Diplom gings dann immer weiter, Doktorarbeit, Postdoc, Job in der Industrie und jetzt als Assistant Profesoor. `Es hat immer Spass gemacht, und daher hab ich immer weiter gemacht´sagt der Wissenschaftler rückblickend.

Bist Du dort gelandet wo Du Dich anfangs gesehen hast?

`Haha, nein, nie im Leben´sagt der Wissenschaftler, `Ich bin Professor an der KAUST (King Abdullah University of Science and Technology, www.kaust.edu.sa ) am Roten Meer in Saudi Arabien. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier landen würde´. Er ist vor allem dort, weil die Mischung von sehr üppigen Forschungsgeldern, neusten Gerätschaften, und hohen Gehältern einmalig ist. Ausserdem ist die Uni, die erst 3 Jahre alt ist, seiner Meinung nach, eine der Spannendsten in der Welt momentan. `Wir sind die einzige Uni hier, an der ähnlich wie in der westlichen Welt gearbeitet wird´fügt er hinzu. Männer und Frauen studieren zusammen, es gibt keinen ‘dress code’ und es ist extrem international mit ca. 700 Studenten aus 72 Laendern. KAUST sei ein Beispiel, wie verschiedene Religionen, Kulturen, und Menschen friedlich miteinander auskommen können, um Forschung auf Weltklasseniveau zu betreiben. Da das Ganze in Saudi Arabien angesiedelt ist, ist zu hoffen, dass viele Institutionen im Land und im Mittleren Osten diesem Beispiel folgen, um die Region etwas welt-offener zu gestalten.

Seine größte wissenschaftliche Errungenschaft?

`So was ist immer schwer zu beurteilen und sollte von anderen geschrieben werden´sagt er. Er hat zu Diplom- und Doktorzeiten an bakteriellen Symbionten von Termiten gearbeitet, und hat sich später auf Marine Mikrobiologie konzentriert. Im Moment untersucht er mit seiner Gruppe die Anpassungen von Bakterien ans Rote Meer, welches extrem warm und salzig ist. Das kann ihnen helfen zu verstehen, wie sich marine Bakterien wäherend möglicher Klimaveränderungen in anderen Meeren verhalten werden.

DIE größte/wichtigste wissenschaftliche Errungenschaft/Neuerung?

Auch das sei  schwer zu sagen, da man meistens nur in seinem Spezialgebiet den Überblick hat. Da das SMS Team keinen Zeitraum benannt hat führt Uli Stingl zu allererst die Entdeckung des  Rades und den kontrollierten Umgang mit Feuer an.

Als Molekularer Mikrobiologe nennt er die Erfindung der PCR als wahrscheinlich wichtigste Neuerung, die Mullis und Smith zum Nobel Preis in Chemie 1993, verholfen haben. `Dadurch wurde uns erst bewusst, dass wir weniger als 0.1% der Bakterien kennen´erklärt Uli. Auch andere Methoden wurden erst dadurch ermoeglicht, wie schnelle Sequenziermethoden, diagnostische Analysen, und vieles mehr.

Der/Die größte WissenschaftlerIn aller Zeiten?

Als Mikrobiologe entscheidet Uli sich für Robert Koch, der Ende des 19 Jahrhundert herausfand, dass viele Erkrankungen und Seuchen von Bakterien verursacht werden. Er hat danach sehr systematisch versucht, diese zu identifizieren und Mittel gegen sie zu entwickeln. Damit hat er wohl Millarden Menschen das Leben gerettet.

Seine Fragen an die Forschung:

Woher stammt das Leben? Wie hat es sich entwickelt?

Mitentdecken und benennen

`Ich möchte keine Krankheit nach mir benannt haben´sagt er lachend. Das möglicherweise nach ihm benannte ‘Stingl-Phänomen’ könnte allerdings beschreiben, dass man manchmal eine riesige Hemmschwelle hat um gewisse Sachen anzupacken, aber dann, wenn man daran arbeitet und es Spass macht, nicht mehr aufhören kann.

Was sollte an der Wissenschaft anders sein?

Über diese Frage gäbe es viele Bücher, da es auch viele verschiedene Aspekte sind, die beachtet werden müssten.

`Ich könnte zum Beispiel sagen, dass die Wissenschaft vorwiegend unsere heutigen Probleme anpacken sollte, z.B. Krankheiten, Wassermangel, Hunger, etc.´erklärt der Forscher. Er würde sehr gut verstehen, wenn alle Gelder in diese Richtung fliessen würden. Seiner Meinung nach sei es aber auch wichtig, die Welt zu verstehen, in der wir leben. Seine Forschung ist vor allem Grundlagenforschung mit keiner speziellen Anwendung, die aber einen Einblick in marine Ökosysteme gewährleistet. `Genauso kann man sagen: ‘Müssen wir unbedingt Milliarden ausgeben um Leute zum Mond zu fliegen?’´ fügt er hinzu. Er findet, dass die Mondbesuche wichtig sind, bedenkt aber, dass er in einem reichen Land aufgewachsen ist, in dem manche Bereiche der Wissenschaft definitiv Luxus sind und es genügend Gelder gibt diesen Fragen nachzugehen.

Des Weiteren erklärt er, dass die Forschungsziele in einer idealen Welt mehr vom Volk kommen sollten, da das Geld ja direkt von den Bürgern komme. `Ausserdem sollte wohl viel mehr Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden, und die Forscher sollten häufiger in Vorträgen für die Nicht-Forscher erklären, warum sie an gewissen Sachen forschen´schliesst er seine Gedanken zu diesem Thema ab.

Die Wissenschaft der Zukunft

Auch hier ist Ulis spontane Reaktion `… Das ist nicht so einfach zu beantworten…´. Die Entwicklungen in der Wissenschaft sei in den letzten 50 Jahren so rasant vorangeschritten. `Jeder lacht heute über Schwarz-Weiss Filme, die ‘Wissenschaftler’ in weissen Kitteln aus den 50 er Jahren zeigen´erklärt er. Es sei alles so beschleunigt, dass es kaum möglich sei mehr als 5 Jahre vorherzusagen. Seine Hoffnung liegt allerdings in der Entwicklung neuer Techniken, welche die Spanne zwischen Forschung in reichen und Entwicklungsländern etwas verringen kann. Gleichzeitig ist er nicht so optimistisch, glaubt eher dass die Spanne immer grösser werden wird.

Fehler und Mankos der Wissenschaft

`Ich finde, dass das grösste Manko der Wissenschaft darin liegt, dass sich die meisten Wissenschaftler zu sehr spezialisieren (müssen), und dadurch nicht sehen/wahrnehmen, was in anderen Gebiete gemacht wird´,fasst der Biologe zusammen. Viele Methoden aus komplett unterschiedlichen Gebieten könnten für die eigenen Fragestellungen in der einen oder anderen Form benutzt werden. Meistens weiss allerdings niemand was die Forscher in den Laboren nebenan tatsächlich tun.

Du kannst auch bei A Scientist a day teilnehmen, mehr Information dazu gibt es hier.

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