Astronom und Wissenschaftsblogger
uli Brandt-Bohne | Apr 01, 2012 | Kommentare 1
Florian Freistetter ist promovierter Astronom, Wissenschaftsblogger und Autor.
Eine kurze Geschichte durch Florians Zeit
Als Kind wollte er Koch werden, als Jugendlicher schien die Tourismusbranche interessant. Sprachen standen zu Schulzeiten im Vordergrund, nicht die Wissenschaft.
“Die exakten Geheimnisse unserer Welt” von Isaac Asimov, und “Eine kurze Geschichte der Zeit” von Stephen Hawking lehrten ihn die Begeisterung für das Verständnis der Welt um uns herum. `Ich erkannte´, erklärt Florian, `dass all dies nicht selbstverständlich ist, sondern etwas, was Wissenschaftler mühsam erarbeitet haben und weiterhin mühsam erarbeiten müssen.´Trotz mässiger schulischer Leistung in Mathematik hat er sich für ein Studium der Astronomie entschieden.
Von der Wissenschaftlerkarriere zur Öffentlichkeitsarbeit
Sein Ziel: eine klassische Wissenschaftlerkarriere, mit Diplom, Doktor und einer anschliessenden Anstellung an einer Universität. Dies hat er durchgezogen und nach der Promotion weitere sieben Jahre an den Universitäten Wien, Jena und Heidelberg gearbeitet. Leider sind heutzutage feste Anstellung rar geworden, befristete Positionen an immer wechselenden Orten hingegen die Regel. `Solange man jung und ungebunden ist, ist das in Ordnung und sogar recht abenteuerlich´erzählt der Wissenschaftler. Irgendwann begann er jedoch mehr Wert auf ein beständigeres Privat- bzw. Familienleben zu legen, eine schwierige Kombination mit dem Wissenschaftsleben.
Von der Wissenschaftlerkarriere zur Öffentlichkeitsarbeit
Mittlerweile hat er die Wissenschaft verlassen und ist als Wissenschaftsautor/Blogger tätig. Er forscht zwar nicht mehr aktiv, hat aber immer noch große Freude daran, anderen Menschen die Faszination an der Astronomie und der Wissenschaft zu vermitteln. Er hat sich nicht zuletzt deswegen so entschieden, da er die Öffentlichkeitsarbeit für mindestens ebenso wichtig wie die Forschungsarbeit hält.
Seine grösste wissenschaftliche Errungenschaft
`Das ist vermutlich meine Arbeit über die Dynamik des Planetensystems von Beta Pictoris´, berichtet Florian, `denn dort kannte man bis 2008 keine Planeten, dafür aber eine große Scheibe aus Staub.´ Da sich in dieser Staubscheibe Unregelmäßigkeiten zeigten, probierte Freistetter zu berechnen, welche Planeten den Stern umkreisen müssten, damit genau diese Art von Unregelmäßigkeiten erzeugt werden. `2008 wurde dann tatsächlich ein Planet entdeckt, der gut mit meinen Vorhersagen (die ich aber nicht alleine getroffen habe!) übereinstimmmt´, fürgt er hinzu.
DIE grösste wissenschaftliche Errungenschaft
Seine allgemeine Antwort: Die Wissenschaft selbst. Das heißt, die Erkenntnis, dass es uns Menschen tatsächlich möglich ist, verläßliche und objektive Erkenntnisse über die Welt zu erlangen, in der wir leben, vorausgesetzt wir bedienen uns der richtigen Methode.
Seine persönliche Antwort: Die Entdeckung von Einstein, Hubble, Lemaitre, etc. dank derer wir heute wissen, dass unser Universum tatsächlich einen Anfang hatte und sich entwickelt anstatt ewig und unverändlich zu sein.
Wissenschaft ist gemeinschaftliches Unternehmen
Florian will nicht DEN einzelnen grössten Wissenschaftler benennen, da jeder Forscher auf den Arbeiten der Anderen aufbaut. Dennoch hebt er Albert Einstein hervor, der es schaffte in jedem Bereich der Physik Phänomenales zu leisten. Aber auch Einstein konnte dies nur vollbringen – dank Newton´s Vorarbeiten.
Er fügt hinzu dass all die Praktiker, die vielleicht keine gewaltigen theoretischen Leistungen vollbracht haben, aber Dinge entwickelt haben, die nicht zu vernachlässigen sind. Edward Jenner zum Beispiel der im wesentlichen die Schutzimpfung erfunden und damit wahrscheinlich mehr Menschen das Leben gerettet hat als sonst irgendwer.
Woraus dunkle Materie besteht?!
Das ist die Frage die Florian gerne beantwortet hätte. Ausserdem, ob es außerhalb der Erde irgendwo noch Lebewesen gibt. Natürlich würde er noch viel mehr wissen wollen – aber bei diesen beiden Fragen bestünde zumindest die Chance, dass sie noch zu seinen Lebzeiten beantwortet werden.
Ich hätte gerne einen Himmelskörper entdeckt
Als Astronom hätte er gerne einen Himmelskörper entdeckt und benannt, was ein schweres Unterfangen ist als theoretischer Astronom.
`Selbst benennen kann man in der Astronomie außerdem nur Asteroiden und ich würde ihn vermutlich einem lieben Familienmitglied zum Geschenk machen und nach ihm/ihr benennen´erklärt Freistetter. `Ansonsten würde ich natürlich darauf hoffen, dass sich irgendeine meiner potentiellen Entdeckungen später als so bedeutsam herausstellt, dass sie nach mir benannt wird´fügt er schmunzelnd hinzu. Dabei sei Ihm eine Naturkonstante am liebsten … wenn die nicht so verdammt schwer zu entdecken wären…
Die Wissenschaft sollte wieder mehr direkt in der Gesellschaft veankert sein
Die Welt in der wir heute leben ist so stark von der Wissenschaft geprägt wie keine Zeit davor es jemals war. `Trotzdem ist “wissenschaftlicher Analphabetismus” weit verbreitet und vielen Leuten fehlt komplett der Bezug zur Wissenschaft´erklärt Freistetter. Die alltäglichkeit der Wissenschaft führe dazu, dass sie kaum auffällt und es leicht ist, sich von ihr abzuwenden, sie zu ignorieren bzw. sogar aktiv wissenschaftsfeindlich eingestellt zu sein. Wenn den Menschen bewusst sei, wie stark alles um sie herum von den Erkenntnissen der Wissenschaft geprägt ist, dann wäre ihnen vielleicht auch bewusster, dass es sich lohnt, genauer darüber Bescheid zu wissen.
Ausserdem müssten sich auch die Wissenschaftler mehr bemühen, die Ergebnisse zu kommunizieren. Öffentlichkeitsarbeit sollte seiner Meinung nach neben der eigentlich Forschungsarbeit als gleichberechtigter, ebenso wichtiger Teil der wissenschaftlichen Arbeit angesehen werden. Um dies zu realisieren müssten die Richtlinien bei der Vergabe von Fördergeldern oder Einstellungen angepasst werden. Nur so könnte der nötige Anreiz für den Wissenschaftler geschaffen werden sich entsprechend zu engagieren.
Wissenschaft wird immer von Menschen betrieben werden
`Die Wissenschaft der Zukunft wird in der grundlegenden Struktur nicht anders als auch in den letzten 400 Jahren stattfinden´, so der Astronom. Die Wissenschaft würde immer von Menschen betrieben, die von dem Wunsch getrieben sind, zu wissen und die Welt zu verstehen.
Die Methodik bleibe bestehen: Theorie und Experiment, Hypothese und Überprüfung.
`Ändern wird sich die konkrete Technik und Infrastruktur´so der Astronom. Dabei hebt er die Arbeit mit Datensammlungen hervor, den explodierenden Datenmengen die bereits jetzt kaum auswertbar sind. Da neue und bessere Geräte noch mehr Daten produzieren werden ist ein Umdenken in der Wissenschaft unausweichlich und die Verwaltung und Kuration von Daten wird immer selbstverständlicher. Um eine Automatisierung der Datenauswertung zu erreichen glaubt Florian, dass man neue Methoden entwickeln muss und wird. Als Möglichkeit sieht er aber auch das weiter Verbreiten der “Cititzen Science”, bei der “normale” Menschen Daten auswerten, so wie das jetzt zum Beispiel im Rahmen von Projekten wie SETI@home oder Galaxy Zoo passiert.
Wissen an sich ist nicht gut oder böse, nur das was Menschen damit eventuell anstellen
`Die Fehler der Wissenschaft werden immer von Wissenschaftlern gemacht und die sind auch nur Menschen´, erklärt Freistetter. Die Wissenschaft leide somit unter den Unzulänglichkeiten der Menschen.
`Viele Menschen würden z.B. die Erfindung der Atombombe als größten Fehler der Wissenschaft bezeichnen. Aber “die Wissenschaft” ist einfach nur eine Methode, um mehr über die Welt herauszufinden. Und als Einstein sich Gedanken über Elektomagnetismus und die Lichtgeschwindigkeit gemacht hatte und bei seiner berühmten Formel “E=mc²” angelangt war, hatte er das sicher nicht mit dem Wunsch getan, eine Waffe zu entwickeln´fügt er hinzu.
Mehr von Florian Freistetter gibt es in seinem b
log mit dem Namen Astrodicticum Simplex nachzulesen.
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Neues Foto, neue Einblicke aber leider bisher ziemlich ruhig. Trotzdem: interessante Präsentation.
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